Anna Chromy Statue "Mantel des Gewissens" Il commendatore, Prag, Foto © Andreas Barth
Anna Chromy Statue "Mantel des Gewissens" Il commendatore, Prag, Foto © Andreas Barth

Nichts ist im Leben so verlässlich wie dessen Ende. Eines Tages wird jeder Mensch dem Tod unausweichlich gegenüberstehen. Sie kennen vielleicht den Sinnspruch „Mors certa, hora incerta“, der auf so mancher Uhr (hier als Symbol für den unumkehrbaren Fluss der Zeit) steht: Der Tod ist gewiss, nur seine Stunde nicht. Auch in der Bibel finden wir Worte, die die Gewissheit der Endlichkeit menschlichen Lebens thematisieren: „Gott, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.“ (Psalm 90,12)

Das Sterben und den Tod eines Angehörigen zu erleben, gehört indes zu den einschneidendsten und erschreckendsten Erfahrungen eines Menschen. Doch den Augenblick des Abschieds müssen Sterbende und deren Angehörige nicht allein durchstehen. Denn dass zum ‚würdigen Sterben‘ eine angemessene Sterbebegleitung gehört, ist allgemeine Überzeugung.(1) Daher können Angehörige im Sterbe– und Trauerfall die Hilfe von Bestattern und von Seelsorgern in Anspruch nehmen.

Wenn ein Mensch im Kreise seiner Angehörigen stirbt, so ist es ratsam und für die Seele heilsam, dass die oder der Sterbende und die Angehörigen in dieser schweren Stunde geistlichen Beistand erfahren. Ratloses Verstummen und der Aufschrei der Verzweiflung können durch eine Andacht am Sterbebett und/oder durch eine Andacht zur Begleitung der Trauernden nach dem Eintritt des Todes aufgefangen werden. Wird das Unausgesprochene – ein Mensch wird bald sterben – verbalisiert, können sich Zwänge lösen. Menschen gewinnen Mut, den bevorstehen den Abschied beim Namen zu nennen und sich selbst in Beziehung dazuzusetzen. Der sterbende Mensch weiß oder ahnt zumindest, dass seine Familie bereit ist, loszulassen, und kann nun möglicherweise im Frieden gehen.

Das bange Warten vor dem Tod kann sich lange hinziehen. Viele Angehörige empfinden es als eine große Entlastung, dabei nicht allein zu sein. Wir Pfarrer helfen den Angehörigen dabei, eine Sprache für die Traurigkeit und Klage zu finden, mit den Sterbenden zu beten, den Sterbenden noch einmal zu danken und von schönen gemeinsamen Erinnerungen, aber auch von manchen offenen Fragen zu erzählen.

Dies ist auch dann sinnvoll, wenn Sterbende nicht mehr bei Bewusstsein sind. Auch ein letztes gemeinsames Abendmahl kann eine wertvolle Erinnerung über den Tod hinaus sein.

 

Wenn der Tod eingetreten ist, kann eine Aussegnung (Sterbesegen) gefeiert werden. Die oder der Verstorbenen wird mit diesem Ritual der christlichen Tradition in Gottes Hand gegeben. Neben anderen biblischen Texten und Gebeten wird im Vollzug der Aussegnung ein Sterbesegen gesprochen, zum Beispiel: „Es segne dich Gott, der Vater, der dich nach seinem Ebenbild geschaffen hat. Es segne dich Gott, der Sohn, der dich durch sein Leiden und Sterben erlöst hat. Es segne dich Gott, der Heilige Geist, der dich zum Leben gerufen und geheiligt hat. Gott, der Vater, und der Sohn und der Heilige Geist geleite dich durch das Dunkel des Todes.“ (Sterbesegen aus dem 8. Jahrhundert) Dem Verstorbenen wird dabei vom Pfarrer die Hand auf den Kopf gelegt; die Angehörigen können dieses auch tun, wenn sie es möchten. Mit Salböl kann der Verstorbene in besonderer Weise mit dem Kreuzeszeichen gesegnet werden. Auch den Hinterbliebenen wird der Segen zugesprochen.

Gemeindeglieder, die diesen seelsorgerlichen Dienst in Anspruch genommen haben, haben mir immer wieder davon berichtet, wie wichtig es für sie und ihren Trauerprozess war, in dieser sehr persönlichen Form von ihrem sterbenden oder schon verstorbenen Angehörigen Abschied zu nehmen.

Ich wünsche mir daher, dass dieser Dienst in unserer Gemeinde wieder stärker wahr- und in Anspruch genommen wird, und möchte Sie dazu ermutigen. Sprechen Sie mich an, auch wenn Sie Fragen dazu haben.

 

Ich bin für Sie da! Meine Kontaktdaten finden Sie hier: www.pfarrerbarth.me/kontakt

 

Ihr

Pfarrer Andreas Barth 

 

 

(1) Evangelisches Kirchenlexikon (EKL), Bd. 4/10, S. 490

Foto: Andreas Barth, Statue „Mantel des Gewissens“, Prag, von Anna Chromy

 

 

 

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